Bedingt durch die Coronakrise ging der Silberpreis von März an auf Achterbahnfahrt. Doch wie könnte die mittel- und langfristige Preisentwicklung des Edelmetalls aussehen? Wir wagen eine Prognose.
Auswirkung der COVID-19-Pandemie auf den Silberpreis
Aktualisierung vom 24. März 2021:
Manchmal genügt ein kurzer Blick zurück, um zu erfahren, warum manche Anleger erfolgreicher sind als andere. Preise schwanken und werden durch Übertreibungen runtergeknüppelt oder in schwindelerregende Höhen getrieben – doch diese Übertreibungen haben nicht den geringsten Einfluss auf Nachfrage und Angebot. Doch einzig daraus leitet sich auf Dauer der wahre Preis ab!
Vor ca. 9 Monaten, im Juli 2020, hatte ich den untenstehenden Beitrag geschrieben. Zu diesem Zeitpunkt war der Silberpreis noch nicht einmal bei seinem Vor-Corona-Hoch angelangt. Doch dann hat Silber, innerhalb von nur 37 Tagen, um über 60% zugelegt. Dass dieser Anstieg in so kurzer Zeit und so massiv erfolgte, war nicht vorherzusehen, aber mein ursprüngliches Fazit vom Juli 2020 (s. unten) gilt unverändert weiter.
Ursprünglicher Text vom 1. Juli 2020:
Ab März gingen weite Teile der Welt im Zuge der COVID-19-Pandemie in den Lockdown-Modus. Dies führte im März zu massiven Einbrüchen beim Silberpreis, von denen er sich bis heute (Stand 2. Juli 2020) fast, aber – ganz im Gegensatz zum Goldpreis – noch nicht vollständig erholt hat. Diese Entwicklung mag auf den ersten Blick überraschen, gelten Edelmetalle in Krisenzeiten doch als sicherer Hafen für Anleger. Zudem korreliert der Silber- traditionell mit dem Goldpreis. Dass Silber innerhalb kürzester Zeit dennoch so massiv an Wert verloren hat, ist trotzdem nicht verwunderlich. Immerhin ist Silber in erster Linie ein Industriemetall. Rund 50% des weltweiten Verbrauchs entfällt auf den Industriesektor. Und letzterer war und ist ganz erheblich von den Auswirkungen der Pandemie betroffen. Entsprechend hoch fällt der Nachfrageeinbruch hier aus. Gleiches gilt für die Schmuck-Branche, die immerhin etwa 20% des globales Silberbedarfs ausmacht. Im Rahmen des Lockdowns geschlossene Geschäfte und eine gedrückte Konsumstimmung haben auch hier die Nachfrage einbrechen lassen.
Wie lange die COVID-19-Pandemie noch die Preise drückt, lässt sich nicht seriös beantworten. Zwar konnte sich der Silberpreis in den letzten Wochen bereits etwas erholen. Solange aber eine zweite oder dritte Welle und damit eine erneute Verschärfung des globalen Lockdowns drohen, kann es aber auch jederzeit wieder zu Preiseinbrüchen kommen. Klar ist allerdings: Die Coronakrise ist eine temporäre Krise. Sobald das Infektionsgeschehen, sei es durch einen Impfstoff und Medikamente oder in Folge einer Durchseuchung der Bevölkerung, unter Kontrolle gebracht werden konnte, dürfte auch die Nachfrage seitens der Industrie- und des Schmucksektors wieder steigen.
Historischer Höchststand des Gold-Silber-Ratios befeuert Investments
Immer wieder betonen Analysten den historischen Höchststand des Gold-Silber-Ratios (Verhältnis vom Gold- und Silberpreis), das den Goldpreis zum Silberpreis in Beziehung setzt. Tatsächlich notiert dieses Verhältnis derzeit ungewöhnlich hoch und liegt aktuell bei etwa 100 (der Wert einer Unze Gold entspricht dem von ca. 100 Unzen Silber; Stand: 2. Juli 2020). Ähnliche Werte erreichte er das letzte Mal 1991. Zum Vergleich: Der Durchschnittswert der letzten 47 Jahre liegt gerade mal bei etwas über 60.
Für Investoren heißt das: Nimmt man den historischen Durchschnitt der letzten Jahrzehnte, ist Silber im Vergleich zu Gold derzeit merklich unterbewertet – und entsprechend günstig zu haben. Dieses Kaufsignal könnte die Silber-Investments (und damit auch den Silberpreis) in naher Zukunft durchaus in die Höhe treiben.
Allerdings ist die Aussagekraft des Gold-Silber-Ratios deutlich begrenzter, als es mitunter suggeriert wird. Zum einen kann eine Korrektur auch über fallende Kurse geschehen. Hierzu müsste Silber „nur“ weniger stark im Kurs fallen als Gold. Zum anderen verändert sich der vermeintlich als Kaufsignal gewertete Durchschnitt, je weiter man in die Vergangenheit zurückgeht. Obendrein ist es fraglich, in wie fern sich Silber und Gold heute noch sinnvoll zueinander in Beziehung setzen lassen. Immerhin hat Silber für die moderne Industrie einen erheblichen Nutzwert – und ist damit wesentlich essenzieller als Gold.
Die Entwicklung des Gold-Silber-Ratios ist daher stets mit Vorsicht zu genießen und sollte nicht zu voreiligen Schlüssen verleiten. Interessanter ist hingegen die industriebedingte Nachfrage.
Industrie: Wie entwickelt sich die Silbernachfrage?
Seit Jahrzehnten bewegt sich der Silberbedarf in der Industrie auf hohem Niveau. Und das obwohl die Fotoindustrie, auf die 1999 noch stolze 26% der globalen Silbernachfrage entfiel, durch den Siegeszug der Digitalfotografie innerhalb weniger Jahre nahezu in der Bedeutungslosigkeit verschwand. Insbesondere in der Elektrik und Elektronik ist Silber auf absehbare Zeit alternativlos. Aber auch in anderen Zukunftstechnologien wächst der Silberbedarf kontinuierlich.
5G-Infrastruktur, Internet of Things (IoT), Digitalisierung: Nachfrage in Elektrik und Elektronik steigen
Smartphones, Smartwatches und Co: Allein das Silber, das die Deutschen Tag für Tag mit sich herumtragen, ist viele Tonnen schwer. Immerhin kommt kein Computersystem ohne Silber aus. Doch nicht nur neue intelligente Wearables (direkt am Körper getragene oder in die Kleidung integrierte Computersysteme wie Smartwatches) steigern den Silberbedarf in der Industrie. Auch für die elektrischen Komponenten, die zum Ausbau des 5G-Netzes erforderlich sind, wird auf Silber zurückgegriffen. Schon allein aus diesem Grund dürfte der Elektrik- und Elektroniksektor, der schon jetzt für rund ein Viertel des industriellen Silberbedarfs verantwortlich ist, die Nachfrage in naher Zukunft weiter befeuern. Zumal die 5G-Infrastruktur auch den digitalen Wandel vorantreibt und Anwendungen rund um das Internet of Things (IoT) – man denke an das aktuell vieldiskutierte autonome Fahren – eine breite Basis bietet. IoT und Digitalisierung: Beides ist ohne Silber nicht umsetzbar.
Ähnlich sieht es bei der RFID-Technologie (Radio Frequency Identification) aus. Die winzigen RFID-Chips erlauben eine berührungslose Übertragung von Informationen und finden bereits heute vielfach Verwendung. So schützen sie wertvolle Waren vor Diebstahl und machen zukünftig das Einkaufen wesentlich schneller. Die Waren in Ihrem Einkaufskorb werden an der Kasse vollautomatisch erfasst. Doch die Einsatzgebiete reichen noch viel weiter. Von Eintrittskarten über Personalausweis bis hin zu Systemen zur Zugriffs- und Zutrittskontrolle. Mit rund 10 Milligramm ist der Silberbedarf pro Stück zwar minimal, die immensen, stetig wachsenden Stückzahlen machen RFID-Chips jedoch zu einem bedeutsamen Nachfragetreiber. Bereits in 10 Jahren könnte allein die RFID-Technik so viel Silber wie der gesamte Schmucksektor benötigen.
Photovoltaik, Elektroautos, Energiespeicherung – die silberne Energiewende
Doch auch eine weitere Entwicklung, die unsere nahe Zukunft prägen dürfte, ist stark vom Rohstoff Silber abhängig: die Energiewende. Insbesondere die Photovoltaik-Industrie verwendet vergleichsweise hohe Silbermengen. Zwar gibt es hier Bestrebungen, den Silberanteil in den Photovoltaik-Elementen zu reduzieren. Der forcierte globale Ausbau von Photovoltaik-Anlagen dürfte nach einer Analyse des The Silver Institutes in den nächsten Jahren dennoch für eine hohe Nachfrage sorgen.
Dass die Energiewende große Mengen Silber erfordert, liegt allerdings nicht allein an Photovoltaik-Anlagen. Auch die unzähligen Sensoren einer Windturbine machen nennenswerte Silbermengen erforderlich. Ganz zu schweigen davon, dass die Entwicklung von Batteriesystemen zur Energiespeicherung ebenfalls vom Silber abhängig ist.
Erheblich steigen dürfte die Silbernachfrage zudem in der Automobilindustrie. Der Grund: In Hybrid- und Elektroautos kommt Silber besonders häufig zum Einsatz – von silber-beschichteten Kontakten über Batteriesysteme bis hin zur mit Solarmodulen ausgestatteten Ladestation.
Recycling noch immer auf niedrigem Niveau – trotz endlicher Silbervorräte
Während sich die Silberabhängigkeit der Industrie in naher Zukunft noch verstärken dürfte, ist das Recycling des Edelmetalls nach wie vor kaum ökonomisch möglich. Das bedeutet: Der Großteil des industriell verwendeten Silbers geht verloren. Doch Silber ist eine endliche Ressource, deren bekannte Vorräte bei jetziger Fördermenge nach rund 20 Jahren erschöpft sein werden. Da die industrielle Nachfrage in den nächsten Jahrzehnten kaum um ein Vielfaches einbrechen dürfte, ist mit zunehmender Silberverknappung ein Preisanstieg absehbar.
Fazit: Silber – eine Anlage mit Zukunft?
Wer zumindest über einen mittleren Anlagehorizont verfügt, kann mit einem Silberinvestment in meinen Augen momentan wenig falsch machen. Für eine steigende Preisentwicklung spricht Folgendes:
- Silber ist – viel stärker als Gold – ein Nutzmetall, das für die Industrie unabkömmlich ist.
- Das derzeit hohe Gold-Silber-Ratio zieht Investoren an und erhöht damit die Silbernachfrage.
- Zukunftstechnologien wie 5G, IoT, Photovoltaik und Elektroautos setzen stark auf Silber.
- Recycling macht nach wie vor nur einen Bruchteil der Silberversorgung aus. Große Teile des industriell verwendeten Silbers gehen unwiederbringlich verloren.
- Die weltweiten Silbervorräte sind endlich – und könnten schon in rund 20 Jahren erschöpft sein.
Sollte es irgendwann zu einem Goldverbot kommen – ich gehe nicht davon aus! – wäre Silber obendrein eine sichere Alternative. Ein Silberverbot ist schon wegen der immensen Bedeutung für die Industrie nicht vorstellbar.
Bleibt die Frage, was die beste Anlageform für Silber ist. Ob Granulat für Investoren tatsächlich besser als Barren oder Silbermünzen geeignet ist, thematisiere ich in einem der nächsten Artikel. Was Sie grundsätzliches über „Wahre Werte“ wissen sollten, erfahren Sie in dem kostenlosen Ratgeber „Geldwerte – Sachwerte – Reine Werte„.
Ebenfalls gut zu wissen: Über das GranValora Sachwertdepot können Sie nicht nur in Silber investieren, sondern dieses auch noch in einem vom deutschen Zoll anerkannten Zolllager einlagern lassen. Auf diese Weise sparen Sie sich die Mehrwertsteuer.