Europas Straßen sind Gold wert – nicht aber nur wegen unserer Luxusgefährte. Gemeint sind die Tonnen von Gold, Platin und wertvollen Hightech-Metallen, die täglich über den Asphalt rollen. Sehen kann man die „mobilen Schätze“ aber nicht. Sie sind in den Tiefen unserer Autos versteckt. Landet nun der PKW auf dem Schrottplatz, so tun es auch die fahrenden Kostbarkeiten – eine schmerzliche Rohstoffverschwendung.
Metalle – der Antrieb der Elektronik
Ob Tablet, Notebook, LCD-Display, LED-Lampe oder Smartphone – was wären unsere modernen Technologien nur ohne Metalle? Sowohl die Edelmetalle Gold, Silber und Kupfer als auch die Seltenerdmetalle Neodym, Lathan und Terbium erwecken unsere täglichen Helfer erst zum Leben. Dasselbe gilt natürlich auch für die Medizintechnik, die Elektromobilität und Meerwasserentsalzungsanlagen – ohne Metall, kein Fortschritt.
Einziger Haken: Die begehrten Rohstoffe sind rar. Besonders zu denken gibt die Knappheit Seltene Erden. Der Bedarf wächst schließlich schneller als die Kapazität. Ohne entsprechende Vorräte an Kobalt, Grafit, Lithium oder Mangan sind die Produktionsengpässe nur noch eine Frage der Zeit. Erst Anfang 2017 sorgte eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung für Aufruhr. Der industrielle Bedarf an essenziellen Rohstoffen wie Lithium, Neodym und Kobalt könnte sich bis 2035 nahezu verdoppelt haben. Das Paradoxe: Europas Schrottplätze sind ein wahres Rohstoffparadies. Auf den Müllbergen sammeln sich jährlich Unmengen von Elektroschott, Unmengen von verschwendeten Hightech-Schätzen. Schließlich wird nur ein Bruchteil der Elektroabfälle recycelt.
Mobile Schätze – wenn Autos ein Vermögen wert sind
Vergeudete Rohstoffe finden sich aber nicht nur ungenutzt auf dem Schrottplatz wieder. Sie bewegen sich auch über Europas Straßen – in unseren Autos. Das behauptet zumindest ein schwedisches Forscherteam von der Technischen Universität Chalmers in Göteborg. Im Rahmen des EU-Projekts „Prosum“ befassten sich die skandinavischen Wissenschaftler mit dem Metallgehalt unseres liebsten Verkehrsmittels. Das Ergebnis ist eindeutig: Wir bewegen uns in wahren Schatztruhen fort. Moderne Fahrzeuge sind schließlich längst nicht mehr nur aus Stahl und Verbundwerkstoffen, sondern auch aus Edelmetallen und Seltenerdmetallen gefertigt. Und der technische Fortschritt hat seinen Preis: Hightech-Extras, Katalysatoren und Leichtbau-Elemente sind nun einmal auf die edle Zugabe angewiesen.
Auto Gold
Es ist der unangefochtene Spitzenreiter unter den verschwendeten Edelmetallen – Gold. Rund 440 Tonnen Gold transportieren Europäer täglich mit sich herum. Pro Gefährt mag das zunächst vielleicht wenig klingen, in der Summe aber ergibt sich eine erschreckende Bilanz – vor allem mit Blick auf das verloren gehende Edelmetall. Wird das Fahrzeug nämlich ausgemustert, so droht dem verborgenen Gold genau dasselbe Schicksal. Zusammen mit dem Fahrzeug wird die edle Rarität im Autoschrott begraben. In Zahlen gesprochen: Allein 2015 landeten 20 Tonnen Gold auf dem Schrottplatz, ein Schaden von mehreren hundert Millionen Euro.
Weitere Leidtragende
Gold ist aber längst nicht der einzige Leidtragende. Zusammen mit dem begehrten Edelmetall gingen 2015 rund 24.000 Tonnen Aluminium, 3.100 Tonnen Silber, 8.200 Tonnen Niob, 7.300 Tonnen Kupfer sowie 530 Tonnen Platin im Autoschrott verloren. Besonders hart trifft es auch kostbare Hightech-Rohstoffe wie Niob oder Neodym, beliebte Bauelemente der modernen Fahrzeugindustrie. Speziell der Neodym-Anteil hat sich seit 2000 auf rund 12.550 Tonnen verdreifacht, 12.550 Tonnen, die mit dem Gefährt abhandenkommen.
Zeit zu handeln
Wir können den Fortschritt nicht aufhalten, uns ihm anpassen aber sehr wohl. Wenn nicht noch mehr wertvolle Metalle im Autoschrott versinken sollen, müssen sich Automobil- und Recylingindsutrie schleunigst zusammentun. Die EU braucht einen Recycling-Plan für ausgemusterte Fahrzeuge, ein Präventionskonzept für seltene Ressourcen. Ansonsten wird sich die Rohstoffknappheit schon bald im Finanziellen wie in der Preisentwicklung Seltene Erden, im Preis Gold sowie im Preis Neodym niederschlagen.